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Wir sind ab nun regelmäßig im CHEMIE REPORT mit einer ÖGMBT-Kolumne mit den neuesten Entwicklungen aus der österreichischen Life Science Szene vertreten. Wenn Sie einen interessanten Beitrag dazu leisten wollen, richten Sie Ihre Anfrage bitte an die Geschäftsstelle!

 

 

Spiegel der Forschungsqualität

on 12 May, 2015

Die im Rahmen der diesjährigen ÖGMBT-Tagung vergebenen Forschungs- und Dissertationspreise
zeigen die enorme Vielfalt und hohe Qualität der heimischen biowissenschaftlichen
Forschung.

Wenn sich organische Chemiker in die Welt der enzymatischen Katalyse wagen, sehen sie dort, was sie gewohnt sind zu sehen: Bindungslängen, Bindungswinkel, Zwischenprodukte, Reaktionsmechanismen. Diesen Weg hat auch Christian Gruber beschritten: Nach einer Ausbildung in Organischer Chemie wechselte er in die Biowissenschaften und forscht heute am Austrian Centre of Industrial Biotechnology (ACIB) an maßgeschneiderten enzymatischen Katalyse-Aktivitäten, die über das in der Natur Vorkommende hinausgehen. Gemeinsam mit seinen Kollegen der von Karl Gruber geleiteten Arbeitsgruppe hat er das sogenannte „Catalophor“-System entwickelt, bei dem in einer Datenbank nach strukturellen Merkmalen von Enzymen gesucht wird, die eine bestimmte katalytische Funktion ermöglichen. Szenenwechsel. Es gibt biologische Makromoleküle, die therapeutisch höchst interessant wären, aber so komplex aufgebaut sind, dass sie produktionstechnisch nur schwer in den Griff zu bekommen sind. IgM-Antikörper, die vor allem am Beginn der Immunantwort eine Rolle spielen, gehören dazu. 21 Polypeptide formen fünf Untereinheiten, die sich zu einem Pentamer zusammenschließen, viele der Polypeptide liegen zudem N-glykolisiert vor. Andreas Loos vom Department für angewandte Genetik und Zellbiologie der BOKU gelang es gemeinsam mit anderen Mitgliedern des Forschungsteams um Herta Steinkellner, rekombinante IgM-Antikörper erstmals in Pflanzen herzustellen. Die Tabakähnlichen Pflanzen waren gentechnisch so optimiert, dass die IgM-Antikörper humantypische N-Glykane tragen und somit für die therapeutische Anwendung beim Menschen geeignet sind. „Die beiden Beispiele zeigen die enorme Bandbreite und Qualität biowissenschaftlicher Grundlagenforschung mit Anwendungspotenzial, die an österreichischen Einrichtungen betrieben wird, eindrucksvoll. Die ÖGMBT-Forschungs- und Dissertationspreise haben sich in den vergangenen Jahren zum Spiegelbild beider Aspekte – der Bandbreite und der Qualität – entwickelt“, so Josef Glößl, Präsident der ÖGMBT. Und weil die Jury des von VWR gesponserten Awards auf dem Gebiet der angewandten Forschung in diesem Jahr sowohl Grubers als auch Loos‘ Arbeiten für preiswürdig empfand, wurde der mit insgesamt 3.000 Euro dotierte Preis heuer zu gleichen Teilen an beide Forscher vergeben.

Von Kinase bis Antikörper
Als eindeutige Siegerin im Bereich der Grundlagenforschung konnte sich dagegen Karoline Kollmann behaupten und den von Biomin gestifteten Forschungspreis in Höhe von 3.000 Euro erringen. Kollmann beschäftigt sich am Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Veterinärmedizinischen Universität Wien mit der Rolle der Zellzyklus-Kinase CDK6 in der Angiogenese (also dem Wachstum von Blutgefäßen) im Zuge der Ausbildung von Tumoren. Dabei zeigte sich, dass das Protein Teil eines Transkriptionskomplexes ist, der sowohl ein Tumor- Suppressor-Gen als auch einen die Angiogenese begünstigenden Faktor induziert. Ebenso vielfältig wie die Forschungspreise präsentierten sich auch die ÖGMBT- Dissertationspreise. Die von Polymun bzw. THP gestifteten Preise gingen an Michael Tscherner (Department für Medizinische Biochemie, Meduni Wien), der die Rolle der Histone des Chromatingerüsts für die Virulenz der Pilzart Candida albicans untersuchte, und an Christoph Hasenhindl (CDLabor für Antikörper-Engineering BOKU) für seine Arbeit über die thermische Stabilität gezielt designter IgG1-Antikörperfragmente. „Wir hatten in diesem Jahr eine beachtliche Zahl von Einreichungen, 20 für die Forschungs- und 27 für die Dissertationspreise. Da die eingereichten Publikationen für die beiden Forschungspreise und auch die vorgelegten Dissertationen durchgehend von beachtlich hoher Qualität waren, hatten die Mitglieder der vier eingesetzten Jurys, die sich aus allen vier Zweigstellen der ÖGMBT rekrutierten, keine leichte Arbeit“, hebt ÖGMBT-Präsident Josef Glößl hervor.

Original Kolumne 07/2014