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Wir sind ab nun regelmäßig im CHEMIE REPORT mit einer ÖGMBT-Kolumne mit den neuesten Entwicklungen aus der österreichischen Life Science Szene vertreten. Wenn Sie einen interessanten Beitrag dazu leisten wollen, richten Sie Ihre Anfrage bitte an die Geschäftsstelle!

 

 

Den Keimen auf der Spur

on 23 June, 2016

Mikrobiologische Forschung nimmt in der österreichischen Life-Sciences-Landschaft einen
bedeutender werdenden Anteil ein. Ein Beispiel dafür ist das von Peter Rossmanith geleitete
CD-Labor an der Vetmed.

Die rasante Entwicklung der molekularen Genetik ermöglichte der Mikrobiologie zuvor ungeahnte Fortschritte. Mit einem Mal wurde sichtbar, in welcher Vielfalt und Ubiquität Bakterien, Archaeen und Pilze vorkommen – auch solche, die mit herkömmlichen Methoden der Kultivierung nicht gefunden worden waren. Dabei zeigte sich auch, wie wichtig die Rolle ist, die sie in der biochemischen Balance spielen – in agrarischen Böden ebenso wie in Gewässern oder im Inneren des menschlichen Organismus. Auch innerhalb der ÖGMBT nimmt das Fachgebiet einen immer wichtiger werdenden Platz ein. Aus diesem Grund ist man mit 1. Jänner 2015 auch der Federation of European Microbiological Societies (FEMS) beigetreten, die für ÖGMBT-Mitglieder nicht nur neue Möglichkeiten der internationalen Vernetzung, sondern auch Zugang zu speziellen Research Grants, Kongressen und Austauschprogrammen bietet.
Mikrobiologische Schwerpunkte gibt es in Österreich an mehreren biowissenschaftlichen Forschungsstandorten: Zu nennen sind etwa der Forschungsbereich für Biotechnologie und Mikrobiologie an der TU Wien, das Department für Mikrobiologie an den Max F. Perutz Laboratories oder die an der BOKU und am AIT am Campus Tulln betriebene Forschung. Aber auch in Graz (Institut für Molekulare Biowissenschaften des Karl-Franzens-Universität) oder Innsbruck (Institut für Mikrobiologie der Uni Innsbruck) gibt es einschlägig tätige Forschungsgruppen.


Betriebliche Herausforderungen


An der Schnittstelle zur unternehmerischen Anwendung des Methodenrepertoires der Mikrobiologie und Molekularbiologie ist das von Mikrobiologische Forschung nimmt in der österreichischen Life-Sciences-Landschaft einen bedeutender werdenden Anteil ein. Ein Beispiel dafür ist das von Peter Rossmanith geleitete CD-Labor an der Vetmed. Mikrobiologische Forschung in Österreich Den Keimen auf der Spur An der Schnittstelle zur unternehmerischen Anwendung der Mikrobiologie ist das CD-Labor für Monitoring für mikrobielle Kontaminanten angesiedelt. Peter Rossmanith geleitete CD-Labor für Monitoring mikrobieller Kontaminanten an der Veterinärmedizinischen Universität Wien
angesiedelt. Betriebe der biotechnologischen und lebensmittelproduzierenden Industrie müssen sicherstellen, dass keine schädlichen Mikroorganismen in ihre Prozesskette eindringen. Bislang erfolgte die Kontrolle vor allem mithilfe mikrobiologischer Methoden, bei denen Keime zunächst in Kultur vermehrt werden mussten, um sie nachzuweisen oder identifizieren zu können. Doch dabei bleibt manches unentdeckt. „Wenn zum Beispiel beim Reinigen der Maschinen Fehler passieren oder Mitarbeiter nicht die erforderliche Hygiene walten lassen, kann man oft mit molekularbiologischen Methoden sichtbar machen, was mit herkömmlichen mikrobiologischen Mitteln nicht nachgewiesen werden konnte“, erzählt Rossmanith. Das CD-Labor hat es sich unter anderem zur Aufgabe gesetzt, die methodischen Möglichkeiten eines solchen Monitorings zu optimieren: „Ein Betrieb kann verschiedene Zielsetzungen haben: die Sicherheit zu erhöhen, Geld zu sparen, mehr Informationen zu bekommen“, erläutert Rossmanith: „Je nach Zielsetzung können verschiedene Methoden angeboten werden. Alle drei Ziele gleichzeitig zu erreichen, wird nicht möglich sein.“ Die Aufgaben eines umfassenden Monitorings sieht Rossmanith in drei Aspekten: nachweisen, an welchen Stellen unerwünschte Keime vorkommen, herausfinden, über welche sie eingebracht wurden, und schließlich diese nach der Einbringung unter Kontrolle zu bringen. Um das zu gewährleisten, steigt man im CD-Labor tief in die Abläufe an den Produktionsstätten ein, betrachtet Reinigungs- und Desinfektionsvorgänge, entwickelt Methoden der Probenahme weiter und verbessert die analytische Kette, die mit den molekularbiologischen Methoden verknüpft ist.


Ionische Flüssigkeiten als Werkzeug


Als besonderes Hilfsmittel bringt Rossmanith dazu sogenannte ionische Flüssigkeiten in die Mikrobiologie ein. Dabei handelt es sich um organische Salze, die bei gewöhnlichen Temperaturen flüssig vorliegen und daher ein ganz anderes Spektrum an Eigenschaften mitbringen als die heute im molekularbiologischen Labor üblichen Lösungsmittel und Reagenzien. Das Interesse an diesem Typus von Verbindungen ist in den vergangenen Jahren stark angestiegen, sie in der Molekularbiologie zu verwenden ist aber neu. „Die meisten molekularbiologischen Methoden sind seit den 90er- Jahren im wesentlichen unverändert geblieben, wiederkehrende Probleme und Fragestellungen mit herkömmlicher Chemie seither nicht gelöst worden“, gibt Rossmanith zu bedenken. Der Wissenschaftler sieht sich mit seinem Team nun all jene methodischen Schritte an und versucht, mit einer vielfältigen Palette an ionischen Flüssigkeiten Lösungen zu finden. Erste Erfolge konnte man schon bei den Methoden der DNA-Reinigung erzielen. Im Zusammenhang mit den mikrobiologischen Aufgabenstellungen lebensmittelverarbeitender Betriebe kommen aber auch Anwendungen bei der Probenahme und Anreicherung von Keimen infrage. Rossmanith: „Bestimmte ionische Flüssigkeiten sind für manche Spezies schädlicher als für andere, wodurch man höhere Grade an Selektivität erreichen kann.“ Und auch in Reinigung und Desinfektion hat man Versuche mit der Substanzklasse begonnen. Wissenschaftlicher Partner ist dabei das steirische Unternehmen Proionic, mit dem gemeinsam ionische Flüssigkeiten nach Maß synthetisiert und in eine Datenbank aufgenommen werden.

Original Kolumne 05/2015