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Wir sind ab nun regelmäßig im CHEMIE REPORT mit einer ÖGMBT-Kolumne mit den neuesten Entwicklungen aus der österreichischen Life Science Szene vertreten. Wenn Sie einen interessanten Beitrag dazu leisten wollen, richten Sie Ihre Anfrage bitte an die Geschäftsstelle!

 

 

Ein Engel fürs Geschäft

on 10 June, 2013

Investor Manfred Reichl im Gespräch

 

Manfred Reichl hat sich in der Life-Sciences Branche als Investor bei Apeiron und Akron einen Namen gemacht. Im Gespräch schildert er
seine Sicht auf die Rolle eines Business Angels.

 

Es gibt nicht viele Personen in Österreich, die man guten Gewissens als „Business Angel“ bezeichnen könnte. Manfred Reichl ist ohne Zweifel einer davon, und er hat die Spuren seiner Tätigkeit auch in der österreichischen Biotech-Gründerszene hinterlassen. Begonnen hat das Life-Science-Engagement des ehemaligen Geschäftsführers von Roland Berger CEE, als er zufällig in China den IMBA-Chef Josef Penninger kennenlernte, der ihm einige Ergebnisse seiner Forschungsarbeiten erläuterte und ihm erklärte, dass er in Österreich kein Geld für eine Weiterentwicklung und kommerzielle Verwertung bekomme: Reichl war einer jener österreichischen Privatinvestoren, die den Wissenschaftler kurz nach der Gründung von Apeiron mit Geld, Rat und Tat unterstützten. Die Umstände waren in diesem Fall freilich besondere: „Josef Penninger ist nicht nur in der Wissenschaft ein Zugpferd, sondern auch, wenn es darum geht, Kapital aufzutreiben“, sagt Reichl. Dazu kam die umfangreiche Erfahrung des Führungsteams rund um Hans Loibner, das Netzwerk an Kontakten und nicht zuletzt die nötige Portion Glück. Reichl: „Es war schon ein glücklicher Umstand, dass wir gleich das erste Projekt an Glaxo Smith Kline auslizenzieren konnten und dafür vorweg einen zweistelligen Millionenbetrag bekamen."

 

Business Angels versus Venture Capital

Auf diese Weise konnte Apeiron bis heute – das Unternehmen hat derzeit immerhin fünf klinische Projekte – ohne das Einwerben von Venture Capital auskommen. „Ich stimme mit Herrn Loibner überein, dass Venture-Kapital Nachteile für ein Start-up-Unternehmen hat“, so
Reichl. Einerseits sei man dabei dem relativ rigiden Rhythmus einzelner Finanzierungsrunden ausgesetzt. „Bei Apeiron haben wir viele kleine Stufen gemacht, das ist bei VCs nicht möglich“, erzählt der Investor. Andererseits strebten VC-Fonds in der Regel Anteile von einer Größenordnung an, mit der sie entscheidenden Einfluss auf das Unternehmen ausüben können. In vielen Fällen werde dann die Geschäftsführung ausgetauscht und der Einfluss der Gründer zurückgedrängt, was dem Unternehmen enorm schade. Business Angels würden dagegen in der Regel danach trachten, den ursprünglichen unternehmerischen Geist zu erhalten und das Team auf diesem Weg zu unterstützen. Ob sich der VC-freie Weg auch bei Akron, dem zweiten Unternehmen, das Reichl mit Penninger aufgebaut hat, wiederholen lässt, ist noch nicht sicher. Die Firma hat sich darauf spezialisiert, neue medizinische Anwendungen für bereits bekannte Verbindungen zu finden („Repurposing“). Als ersten Schritt hat man sich die Therapie von Schmerz vorgenommen – eine Leitindikation, die komplexe klinische Studien erforderlich macht. Reichl: „Hier können Sie keine aussagekräftige Studie um ,nur‘ eine Million Euro machen. Da muss man mit dem Zehnfachen kalkulieren.“ Dass im deutschsprachigen Raum das Modell „Business Angel“ relativ selten gelebt wird, hat nach Reichls Ansicht auch historische Ursachen. In den USA konnten schon seit wesentlich längerer Zeit große private Vermögen akkumuliert werden. Da aber auch hierzulande Individuen immer größere Mittel zur Verfügung hätten, könnte ein derartiges Engagement an Bedeutung gewinnen. Dazu müssten sich aber auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen verändern: Nach Ansicht Reichls könnte man durch entsprechende steuerliche Erleichterungen einen sehr großen zusätzlichen Hebel erreichen, der die derzeit schon gute Förderpolitik
ergänzen müsse.

 

Zur Person

Manfred Reichl studierte Wirtschaftsingenieurwesen und Jus. Nach Tätigkeiten an der TU Graz und bei Hewlett Packard hat er das Österreich- und Osteuropa-Geschäft des Beratungsunternehmens Roland Berger aufgebaut. 2007 verließ er Roland Berger, um eine eigene
Beteiligungsgruppe aufzubauen.

ORIGINAL KOLUMNE 03/2013