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Wir sind ab nun regelmäßig im CHEMIE REPORT mit einer ÖGMBT-Kolumne mit den neuesten Entwicklungen aus der österreichischen Life Science Szene vertreten. Wenn Sie einen interessanten Beitrag dazu leisten wollen, richten Sie Ihre Anfrage bitte an die Geschäftsstelle!

 

 

Doktor der Proteintechnologie

on 06 October, 2014

Doktoratskolleg „BioToP“ an der BOKU

 

Doktoratskollegs sind eine hervorragende Möglichkeit zur Schwerpunktsetzung in der wissenschaftlichen Landschaft. Die ÖGMBT stellt in diesem Beitrag ein gelungenes Beispiel auf dem Gebiet der Proteinforschung vor.

 

Die Herstellung von Proteinen für medizinische oder industrielle Zwecke mithilfe biotechnologischer Verfahren ist eine Aufgabenstellung,
bei der Wissen aus vielen unterschiedlichen Fachgebieten zusammenfließen muss. Mit dem Doktoratskolleg „BioToP“
haben die BOKU-Departments für Chemie, Angewandte Genetik und Zellbiologie, Biotechnologie, Lebensmittelwissenschaften und
-technologie, Materialwissenschaften und Prozesstechnik sowie Nanobiotechnologie, die gemeinsam das VIBT (Vienna Institute of BioTechnology) bilden, auf die wachsende Nachfrage nach einer interdisziplinär orientierten Ausbildung auf diesem Gebiet reagiert. Das Kürzel „BioToP“ steht für „Biomolecular Technology of Proteins“ und macht deutlich, dass neben Grundlagen aus Biochemie und
Zellbiologie auch vertiefte Kenntnisse der Anwendung von Expressionssystemen und computerunterstützten Modellierung vermittelt
werden, aber auch der therapeutische, diagnostische oder industrielle Einsatz der Proteine im Auge behalten wird.


Das Post-Graduate-Programm richtet sich an Hochschulabsolventen aus aller Welt und gibt ihnen die Möglichkeit, ihre Dissertation in einer von 14 Forschungsgruppen zu absolvieren, die gemeinsam zwischen 2004 und 2009 420 im Science Citation Index gelistete Publikationen veröffentlicht haben. Darüber hinaus profitieren die Dissertanten von Kooperationen mit dem Kompetenzzentrum „Austrian
Centre of Industrial Biotechnology“ (ACIB) sowie zwei Christian-Doppler-Labors und einem Laura-Bassi-Zentrum, die an den
genannten Departments betrieben werden. Neben den 14 Principal Investigators sind sieben assoziierte Wissenschaftler an BioToP beteiligt. Projektleiter ist Christian Obinger vom BOKU-Department für Chemie.


Vier Forschungsfelder, die zusammenwirken


Die wissenschaftliche Tätigkeit ist dabei in vier Areas gegliedert: Area 1 setzt bei den Proteinstrukturen selbst an, adressiert Struktur-Funktions-Beziehung und beschäftigt sich mit Engineering und Design der gewünschten Strukturen sowie mit der Erzeugung und Verwendung
von Proteinbibliotheken. Area 2 ist auf die Biosynthese und post-translationale Modifizierung von Proteinen fokussiert. In Area
3 stehen Expressionssysteme in mikrobiellen, tierischen und pflanzlichen Zellen im Mittelpunkt. Area 4 ergänzt die experimentellen
Schwerpunkte der anderen Felder durch die entsprechenden Methoden der Bioinformatik und des Molecular Modelling – ob es nun um
die Nutzung von Datenbanken, die Analyse von Microarrays, die Vorhersage von Protein-Eigenschaften oder das Aufspüren von Targets
für die Arzneimittelentwicklung geht.
Neben der jeweiligen wissenschaftlichen Arbeit nehmen die Dissertanten an Lehr-Programmen zu allen vier Forschungsfeldern teil und
erhalten praktische Kenntnisse in Spektroskopie, gerichteter Evolution, Proteinsekretion, Zellkulturtechniken, Virologie, Molecular
Modelling und Transkriptomik. Einmal jährlich kommen alle teilnehmenden PhD-Studenten zu einer Klausur zusammen, wo sie in
einem entspannten Rahmen den Fortschritt ihrer Arbeit präsentieren, aber auch soziale Kontakte knüpfen können. Jeder Dissertant soll im
Laufe des Kollegs zumindest an drei internationalen wissenschaftlichen Kongressen teilnehmen, ein Auslandsaufenthalt von etwa sechs
Monaten wird durch das Programm gefördert.

Finanziert wird das Doktoratskolleg „BioToP“ aus Mitteln des Forschungsfonds FWF. Doch so erfolgreich Beispiele wie dieses sind, für
die weitere Entwicklung ist vieles infrage gestellt: Denn trotz der Bedeutung, die solche Programme für die Schwerpunktsetzung in der
österreichischen Wissenschaftslandschaft haben, kann der Fonds aufgrund der derzeitigen finanziellen Rahmenbedingungen 2014 keine
Einreichungen für neue Doktoratskollegs entgegennehmen.

Original Kolumne 05/2014