viewer

 

 

 

Wir sind ab nun regelmäßig im CHEMIE REPORT mit einer ÖGMBT-Kolumne mit den neuesten Entwicklungen aus der österreichischen Life Science Szene vertreten. Wenn Sie einen interessanten Beitrag dazu leisten wollen, richten Sie Ihre Anfrage bitte an die Geschäftsstelle!

 

 

Naturwissenschaftler als Manager

on 27 June, 2016

Mehrere MBA-Programme verbinden betriebswirtschaftliches Wissen mit fachspezifischen Fragestellungen und füllen damit eine vielfach bestehende Lücke.

Felix X. hat nach seiner Dissertation in einem molekularbiologischen Forschungslabor einen Job in der Entwicklungsabteilung eines international tätigen Medikamentenherstellers angetreten. Das Projekt, an dem er mitarbeitet, zeigt interessante Ergebnisse, ihm wird die Leitung eines Teams angeboten. In seiner Arbeit kooperiert er nun mit verschiedenen konzerninternen Abteilungen. Angesichts komplexer Prozesse ist Know-how im Projektmanagement und in der Mitarbeiterführung unterschiedlicher Menschen erforderlich. Derartige Fragestellungen kamen in Felix‘ Studium aber nicht vor, er nähert sich ihnen schrittweise durch die Methode des „Learning by Doing“ an. Doch bald merkt er, dass er dabei an Grenzen stößt, weil ihm die betriebswirtschaftliche Basis fehlt. Von Arbeitgebern aus der Pharma- und Life-Sciences-Industrie wird immer wieder eine Lücke zwischen der akademischen Ausbildung eines Naturwissenschaftlers und den Anforderungen an das Arbeiten in einem unternehmerischen Umfeld beklagt. Die ÖGMBT nimmt hier eine Brückenstellung ein und ist interessiert, junge Mitglieder auf die Anforderungen in der Industrie vorzubereiten. In diesem Sinne werden auch im Rahmen der ÖGMBT- Weiterbildungsbörse regelmäßig Weiterbildungen angeboten, die verschiedene Kompetenzen im Management- oder IP-Bereich vermitteln. Auch in so manchem Studiengang an Fachhochschulen hat man darauf bereits Rücksicht genommen und diesen um Module zu Unternehmensführung oder „Soft Skills“ ergänzt. Vereinzelt wurde auch bei der Gestaltung universitärer Curricula auf die Lücke reagiert. So finden sich etwa im Studienplan des Masterstudiums Biotechnologie an der Universität für Bodenkultur Pflichtvorlesungen in Qualitätsmanagement und Patentrecht.

Verbindung von Management- und Branchen-Know-how


Noch tiefer ins „Life Sciences Business“ einsteigen kann man im Rahmen von MBA-Programmen, die auf die spezifischen Bedingungen der Branche Bezug nehmen. Ein solches bietet etwa die Donau-Universität Krems an. In sechs Basismodulen werden dabei grundlegende betriebswirtschaftliche Inhalte vermittelt – von Business Analytics über Controlling und Strategie bis hin zu Personalführung und Komplexitätsmanagement. Darauf bauen 13 verschiedene Vertiefungsrichtungen auf, die die Kompetenzen des Departments für Wirtschafts- und Managementwissenschaften mit denen anderer Einheiten der Donau-Universität verknüpfen. Eine davon nennt sich Biotech & Pharmaceutical Management und wurde vom Department für Gesundheitswissenschaften und Biomedizin gestaltet. „Das Programm richtet sich an Menschen, die bereits in Pharma- oder Biotech-Unternehmen tätig sind und ins Management aufsteigen oder ihre eigene Firma gründen wollen“, sagen Viktoria Weber und Jens Hartmann zur Ausrichtung der Vertiefungsrichtung. Dementsprechend ist der Ablauf so so organisiert, dass man ihn auch berufsbegleitend absolvieren kann. Die vier aufbauenden Module beschäftigen sich mit Qualität und Innovation, F&E und Produktion, Entrepreneurship und Business Development sowie Marketing und Sales – immer bezogen auf die besonderen Anforderungen in den Life Sciences. Eine Besonderheit des MBA-Programms an der Donau- Universität ist, dass jeweils eines der Spezialisierungsmodule direkt in einem Unternehmen stattfindet. „Die Teilnehmer äußern sich aber auch sehr positiv über das im Zuge der Ausbildung entstehende Netzwerk zu Gleichgesinnten aus der Branche“, so Hartmann.

Aus der Praxis für die Praxis


Ein vergleichbares Konzept verfolgt man an der FH Campus Wien. Ab September 2016 wird dort erstmals ein Studiengang „Professional MBA“ abgehalten. Dabei hat man branchenspezifisches Wissen eingebracht, das in den Studiengängen der FH Campus bereits als Kernkompetenz entwickelt wurde, wie Franz Gatterer erzählt, der das Programm aufgebaut hat. Die Ausbildung ruht auf Basismodulen, die gemeinsam mit der Webster University durchgeführt werden und funktionales Wissen der Unternehmensführung, etwa zu Organisation, Marketing und Projektmanagement, vermitteln. Darauf bauen zwei Säulen des Curriculums auf, die sich den Management-Themen Veränderung (Innovation, Business Development) sowie Mensch und Team (Leadership, lernende Organisationen) widmen. In der dritten Ebene wird das erworbene Wissen dann in den Kontext der jeweiligen Branche gestellt. Eine der Spezialisierungsmöglichkeiten ist dabei auf die Life Sciences bezogen. „Hier arbeiten wir mit Managern aus der Branche, aber auch mit dem Department Applied Life Sciences der Fachhochschule zusammen und adressieren unternehmerische Fragen, die für diesen Bereich spezifisch sind, etwa den
Umgang mit Intellectual Property“, so Gatterer. Eine Besonderheit des MBA-Programms an der FH Campus ist, dass die Teilnehmer, die aus einem Unternehmen kommen, auch ein Thema mitbringen können, das dann im Rahmen des Studiengangs wissenschaftlich bearbeitet wird. „Wir setzen in der Didaktik stark auf Case Studies: Dabei gibt es sowohl allgemein gehaltene als auch solche, die von den Firmen an uns herangetragen werden.“ Ein besonderes Angebot liegt in einer Potenzialanalyse, die am Anfang, in der Mitte und am Ende des Ausbildungsprogramms durchgeführt wird und jedem Teilnehmer eine Reflexion seiner Ziele und Fortschritte ermöglicht.

Original Kolumne 01/2016