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Wir sind ab nun regelmäßig im CHEMIE REPORT mit einer ÖGMBT-Kolumne mit den neuesten Entwicklungen aus der österreichischen Life Science Szene vertreten. Wenn Sie einen interessanten Beitrag dazu leisten wollen, richten Sie Ihre Anfrage bitte an die Geschäftsstelle!

 

 

Wissenschaft auf großer Bühne

on 26 November, 2018

Im Rahmen der ÖGMBT-Jahrestagung wurden wieder Preise für hervorragende Forschungsleistungen vergeben. Das Spektrum reicht von der molekularen Grundlagenforschung bis zur Produktionsoptimierung in der Biotechnologie.

Alljährlich werden im Rahmen der ÖGMBT-Jahrestagung Auszeichnungen für hervorragende Forschungsleistun-gen vergeben, um auf diese Weise die österreichischen Biowissenschaften auf eine größere Bühne zu heben. In den zehn Jahren ihres Bestehens hat die ÖGMBT 23 Dissertations-und 21 Forschungspreise verliehen. Viele der Preisträger konn-ten inzwischen national und international Karriere machen. Wie schon im vergangenen Jahr wurden die Forschungspreise (Life Science Research Award Austria), jeweils mit 3.000 Euro dotiert, vom Bundesministerium für Digitalisierung und Wirt-schaftsstandort (BDW) gestiftet.
Dass biochemische Regulationsmechanismen für die Grundlagenforschung ebenso bedeutend sind wie für anwendungsorientierte Fragen, zeigte der Umstand, dass zwei von drei dieser Forschungspreise heuer diesem Themenkreis zugeordnet werden können. Die Regulation der Genexpression wird im Allgemeinen durch das Zusammenwirken mehrerer DNA-Abschnitte bewirkt: Einerseits binden Promotoren, die Teil eines Gens sind, selbst aber nicht in RNA transkribiert werden, an spezielle Proteine (Transkriptionsfaktoren) und bewirken dadurch, dass die Expression des Gens beginnt. Andererseits gibt es sogenannte Enhancer, die weiter vom Gen entfernt liegen, aber dennoch die Anlagerung eines Transkriptionsfaktors an den Promoter beeinflussen und so die Transkriptionsaktivität verstärken. Mit derartigen  Mechanismen hat sich Cosmas Arnold, Forscher am Institut für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien beschäftigt, der beim diesjährigen Life Science Research Award in der Kategorie „Grundlagenforschung“ reüssieren konnte. Gemeinsam mit seinen Kollegen aus der Forschungsgruppe von Alexander Stark hat Arnold eine Methode entwickelt, mit der bestimmt werden kann, wie stark Zielgene auf derartige Enhancer reagieren. „Die Verwendung der Methode wird dazu beitragen, unser Verständnis der Regulation von Genen stark zu verbessern“, begründete Juryvorsitzender Joachim Seipelt die Preisvergabe an den For-scher.


Wie wirken Krebsgene?


Ebenfalls am IMP ist Matthias Muhar tätig, der sich in der Arbeitsgruppe von Johannes Zuber mit den Regulationsmechanismen in Krebsmodellen beschäftigt. Er betrachtete Transkriptionsregulatoren wie BRD4 und MYC, von denen gefunden wurde, dass sie eine wichtige Rolle bei der Entstehung verschiedener Krebsformen beim Menschen spielen. Durch die Kom-bination von SLAM-seq (einem Hochdurchsatz-Verfahren zur Analyse von neu synthetisierter Messenger-RNA) mit der pharmakologischen Störung der Regulationsprozesse gelang es ihm, die Funktion dieser Proteine als Regulationsdrehscheiben auf-zuklären. „Seine in der renommierten Wissenschaftszeitschrift Science veröffentlichte Arbeit zeigt eindrucksvoll auf, wie mittels funktioneller Genomik jene Faktoren identifiziert wer-den können, die das Entstehen von verschiedenen Formen von Krebs bestimmen“, meinte dazu Lukas Mach, der Vorsitzende der Jury für die Vergabe in der Kategorie „Anwendungsorien-tierte Forschung“.
„Das von Stefan Ameres und seinem Team an unserem Nachbarinstitut IMBA entwickelte SLAM-seq-Verfahren lieferte letztlich ein entscheidendes Puzzlestück dazu, um die Rolle prominenter Krebsgene wie MYC aufzuklären. Dieser rege und freie Austausch von Ideen und Technologien am Vienna Biocenter war ganz essenziell für unser Projekt und ist eine der großen Stärken des Campus“, sagt Muhar selbst zu den Erfolgsfaktoren seiner Arbeit. Die Auszeichnung empfindet der Forscher als große Ehre. Sie habe geholfen, seine Arbeit über die Grenzen des Fachgebiets bekannt zu machen: „Es haben uns auch mittlerweile Forscher aus verschiedensten Richtungen kontaktiert, um unseren Ansatz auf ihre jeweiligen Fragestellungen anzuwenden, wodurch bereits viele spannende Kollaborationen entstanden sind.“


Glykosylierungsmuster aufgeklärt


Erstmals vergeben wurde ein Sonderpreis in der Kategorie „Excellence & Societal Impact“ für wissenschaftlich heraus-ragende Forschung mit gesellschaftlicher Relevanz. Prämiert wurde damit eine Arbeit von Therese Wohlschlager, die sich an der Universität Salzburg mit der Kontrolle der Glykosylierung von Biopharmazeutika im biotechnologischen Herstellungsprozess beschäftigt hat. Gemeinsam mit Kollegen aus der Arbeits-gruppe von Christian Huber entwickelte sie eine in „Nature Communications“ veröffentlichte Methode, die mithilfe hochaufgelöster Massenspektrometrie Heterogenitäten im Glykosylierungsmuster eines therapeutischen Fusionsproteins detektieren kann. Juror Lukas Mach: „Damit hat Wohlschlager wesentlich zur verbesserten Herstellung von Medikamenten beigetragen, die bei der Behandlung von Krebs und verschiedenen Entzündungserkrankungen Verwendung finden.“
„Unser Ziel war es, das Glykosylierungsmuster des hochkomplexen therapeutischen Proteins Etanercept darzustellen. Dies erforderte eine multidisziplinäre Herangehensweise“, beschreibt Wohlschlager die Herausforderung, die sich bei ihrer Arbeit stellte. Um zu den nun prämierten Ergebnissen zu gelangen, musste Expertise in den Bereichen Protein-Glykosylierung, analytische Chemie und Bioinformatik zusammengebracht wer-den. Nicht zuletzt sei aber auch die enge Zusammenarbeit mit zwei Industriepartnern ausschlaggebend gewesen: „Die Fragestellung geht auf das Pharmaunternehmen Novartis zurück, von welchem auch die untersuchten Proben zur Verfügung gestellt wurden. Das Technologieunternehmen Thermo Fisher Scientific ermöglichte den Zugang zu den benötigten analytischen Instrumenten“, so Wohlschlager.
Auch für die Salzburger Forscherin stellt der Preis eine große Auszeichnung dar. „Das ist der Lohn dafür, ein herausforderndes Forschungsprojekt zu Ende gebracht zu haben. Darüber hinaus verleiht er unserer wissenschaftlichen Arbeit Sichtbarkeit, sowohl in Fachkreisen als auch in der Öffentlichkeit. Dies ist natürlich auch ein wichtiger Aspekt für meinen weiteren Karriereweg“, meint Wohlschlager.
Ebenfalls vergeben wurden zwei Dissertationspreise (Life Science PhD Awards Austria): In der Kategorie „Grundlagenforschung“ (Sponsor Polymun Scientific) ging dieser an Dora Tarlungeanu vom IST Austria für die Aufklärung eines neurologischen Syndroms, das durch eine Mutation eines Aminosäuretransporters verursacht wird, in der Kategorie „Anwendungsorientierte Forschung“  (Sponsor THP Medical Products) an Somanath Kallolimath von der Universität für Bodenkultur Wien für die Produktion humaner Polysialinsäuren in Pflanzenzellen.

Original Kolumne 7/2018