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Wir sind ab nun regelmäßig im CHEMIE REPORT mit einer ÖGMBT-Kolumne mit den neuesten Entwicklungen aus der österreichischen Life Science Szene vertreten. Wenn Sie einen interessanten Beitrag dazu leisten wollen, richten Sie Ihre Anfrage bitte an die Geschäftsstelle!

 

 

Die Zukunft der Grünen Gentechnik - Unter Ausschluss Europas

on 02 April, 2013

Weltweit wächst die Fläche, auf denen GMOs angebaut werden, Europa ist dabei aber nur marginal vertreten. Wir haben österreichische Wissenschaftler gefragt, wie sie die weitere Entwicklung einschätzen.

Alljährlich veröffentlicht das „International Service for the Application of Agri-Biotech Applications“ (ISAAA) seinen Bericht
über den globalen Status des Anbaus gentechnisch veränderter Feldfrüchte (den sogenannten „ISAAA Brief“). Und alljährlich ist dabei
ein weltweites Anwachsen der Anbaufläche zu verzeichnen. Zum ersten Mal haben 2012 die Entwicklungsländer dabei die industrialisierten
Staaten überholt und halten jetzt bei 52 Prozent der 170 Millionen Hektar Gesamtanbaufläche biotechnologischer Nutzpflanzen.
Gegenüber 2011 ist dieser Wert um 6 Prozent gewachsen, den stärksten Zuwachs verzeichnete mit 21 Prozent Brasilien. Eindrucksvoll
ist auch, dass sich seit 1996, als gentechnisch verändertes Saatgut zum ersten Mal kommerziell verfügbar wurde, die Anbaufläche, die
damals 1,7 Millionen Hektar betragen hat, verhundertfacht hat. Europa scheint diese Entwicklung allerdings nicht mitzumachen. Nur
auf 129.000 Hektar wird in der EU GMO-Saatgut angebaut, 90 Prozent davon in Spanien. Die Deutsche Industrievereinigung Biotechnologie
beklagt in einer Aussendung, dass sich die EU vom weltweiten Trend abkoppelt und „als Volkswirtschaft, die von Intelligenz
und Innovationen statt Rohstoffen und Billigfertigung lebt“ dabei einen schweren Fehler macht. Wie sehen das heimische Wissenschaftler?

Hermann Bürstmayer, der am IFA-Tulln der Universität für Bodenkultur im Bereich der Pflanzenzüchtung forscht, beobachtet die Entwicklung
mit Sorge: „Wir leisten uns den Luxus, auf eine Technologie zu verzichten“, meint der Wissenschaftler. Dies sei aber nicht
wohlüberlegt, sondern rein politisch begründet. Diese Einschätzung bestätigt auch Ortrun Mittelsten Scheid, die eine Forschungsgruppe
am Gregor-Mendel-Institut leitet und Mitglied der österreichischen Gentechnik-Kommission ist: „Es ist zurzeit politisch absolut unmöglich,
eine Änderung der Haltung gegenüber der Gentechnik herbeizuführen.“ Die Politik ziele auf die Wählermeinung ab, auch wenn
diese wissenschaftlich nicht begründet ist.

Ökonomische, nicht technische Risiken

Bürstmayer sieht dabei durchaus das Problem, dass – vor allem aufgrund teurer Zulassungsverfahren – nur die großen Player in gentechnische
Züchtungsmethoden investieren. Das könnte mittelfristig zu einer Einschränkung der Zahl der Marktteilnehmer und zu einer
Reduktion der Sortenvielfalt führen – ein Trend, der ökonomische, und keineswegs technische Ursachen habe. Hier sei die Politik gefordert,
für geeignete Rahmenbedingungen zu sorgen. Von unbekannten Risiken der Gentechnik zu sprechen, scheint Bürstmayer aber nicht
gerechtfertigt. Keine konventionell gezüchtete Nutzpflanzensorte werde so gewissenhaft geprüft wie dies bei GMOs der Fall sei. Nach
17 Jahren Erfahrung mit dem weltweiten Anbau von gentechnisch veränderten Nutzpflanzen seien keine Hinweise auf gesundheitliche
Gefahren oder ökologische Schäden bekannt geworden. Auch Mittelsten Scheid ist der Meinung, dass jede neue GMO-Sorte auf Risiken
überprüft werden sollte. Aber der Aufwand für eine solche Beurteilung müsse im Vergleich zu dem, was in anderen technologischen
Feldern üblich ist, in einem vernünftigen Verhältnis stehen. Nach allem, was man wisse, sei noch kein Mensch durch GMOs
gesundheitlich zu Schaden gekommen.

Beide Forscher betonen die Wichtigkeit, sich in der Forschung mit der Gentechnik in der Pflanzenzüchtung auseinanderzusetzen. Nur
so könne das erforderliche Know-how auch im öffentlichen Bereich gehalten und erweitert werden.

 Original Kolumne 02/2013

Dieser Artikel beruht auf Auszügen aus dem ISAAA Brief 2013 "Weltweiter Anbau von biotechnologischen/GVO-Nutzpflanzen seit 1996
Weltweiter Anbau von biotechnologischen/GVO-Nutzpflanzen seit 1996verhundertfacht"

 

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