Die Unternehmer-Macher

Thursday, 06 November 2014 11:37

Die ÖGMBT ist Österreichs größte wissenschaftliche Fachgesellschaft auf dem Gebiet der molekularen Biowissenschaften. Bei der diesjährigen Jahrestagung gab es neben zahlreichen wissenschaftlichen Vorträgen auch ein flammendes Plädoyer für mehr Unternehmertum.


Vom Flughafen Wien-Schwechat aus gestaltet sich die Anreise zur Jahrestagung der
Österreichischen Gesellschaft für Molekulare Biowissenschaften und Biotechnologie (ÖGMBT) wie eine Reise von der Vergangenheit in die Zukunft: Während in der Raffinerie Schwechat riesige Cracker-Anlagen Erdöl in seine Bestandteile zerlegen, sezieren in der Universität für Bodenkultur im 9. Wiener Bezirk rund 550 Teilnehmer in mehr als 40 teilweise parallelen Sessions Forschungsergebnisse aus so unterschiedlichen Bereichen wie Translationale Medizin, Bioinformatik oder Pflanzenbiotechnologie. Unter dem Motto „Life Science meets Entrepreneurship“ hatte die ÖGMBT sich für ihre sechste Jahrestagung auf die Fahnen geschrieben, dem akademischen Nachwuchs Karriereoptionen jenseits der Universität zu zeigen. „Wir haben auf verschiedenen Ebenen versucht, die jungen
Leute zu fördern“, so Angela Sessitsch, die Leiterin der Abteilung Bioressourcen am Austrian Institute of Technology (AIT). Etwa zwei Drittel der Kongressteilnehmer stehen noch am Karierrebeginn, seien also Studenten, Doktoranden oder junge Post-Docs. In der Veranstaltung „Science in Biotech Companies“ konnten sie erfahren, dass wissenschaftliches Arbeiten für Biotech-Firmen zum Alltagsgeschäft gehört. „Unsere Firma hat 28 Angestellte, davon arbeiten drei Viertel im Bereich Forschung und Entwicklung“, macht Lukas Paul von der Lexogen GmbH deutlich. Das 2007 in Wien gegründete Unternehmen
entwickelt neue Techniken für die Transkriptomanalyse. Die Gründung einer eigenen Biotech-Firma kann auch ein probates Mittel sein, um die Ergebnisse der
eigenen Forschung in die Anwendung zu überführen. So hat die Virologin Dorothee Holm-von Laer die Gründung der Viratherapeutics GmbH aus der Universität Innsbruck heraus vorangetrieben. In dem 2013 gestartete Spin-off werden hochwirksame Krebsarzneien auf der Basis von onkolytischen Viren bis zur Anwendungsreife entwickelt.

 


Wirbel um Entrepreneurship-Panel


Aus erster Hand informierten beim Entrepreneurship-Panel Unternehmer über ihren Alltag und ihre Beweggründe zur Firmengründung. Frederik Debong (Mysugr GmbH) Sanja Selhak (Origimm Biotechnology GmbH), Franz Obermayr (Panoptes Pharma GmbH) sowie Karl Skriner (DRDX GmbH) standen Rede und Antwort. Neben Zitaten von Gründern aus aller Welt – etwa „Ein Entrepreneur ist jemand, der von einer Klippe springt und auf dem Weg abwärts ein Flugzeug baut“ vom Linked-In-Gründer Reid Hoffman – gab es auch überraschend ehrliche Botschaften von den Anwesenden. „Unternehmertum nervt total“, sagte
Mysugr-Gründer Debong – um schnell noch ein „auf einigen Ebenen“ anzufügen. „Solange der Spaß überwiegt, rechtfertigt das die Achterbahnfahrt“, findet hingegen Panoptes-Chef Obermayr. Die Frage, ob er denn die „richtige wissenschaftliche Arbeit“ nicht vermisse, beantwortete Karl Skriner von der DRDX GmbH ebenso deutlich wie emotional: Millionen Euro würden jedes Jahr für fehlerhafte akademische Forschung ausgegeben. Dort werde gelogen und betrogen. In Richtung Gründer weisend sagte er: „Dies sind richtige Wissenschaftler. Sie setzten ihr eigenes Geld ein, um ihre Ideen zu überprüfen.“
Nicht jedem gefiel der mit einigen Kraftausdrücken garnierte, kraftmeiernde Auftritt. Deutliche Kritik daran wurde in einzelnen Gesprächsrunden während der anschließenden Abendveranstaltung, dem „Life Science Circle by LISA Vienna“, laut.

 


ÖGMBT mit neuem Vorstand


Die Wahl des neuen ÖGMBT-Vorstandes sorgte hingegen für keine Kontroversen. AIT-Wissenschaftlerin Sessitsch übernahm den Vorsitz von Josef Glößl, dem Vizerektor für Forschung und Internationale Forschungskooperationen an der Universität für Bodenkultur in Wien. Über ihre Aufgabe hat sie eine klare Vorstellung: „Ich möchte die erfolgreiche Arbeit meines Vorgängers fortsetzen. Die ÖGMBT soll sich als Bindeglied zwischen Wissenschaft, Industrie, Politik und Gesellschaft positionieren.“


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transkript 11/2014

Für Bildergalerie siehe http://www.transkript.de/bilder-videos/events.html

Original Artikel

Published in transkript 11/2014