Internationale Tiefsee-Expedition in Japan erforscht Starkbeben

Thursday, 25 March 2021 00:10

Internationale Tiefsee-Expedition in Japan erforscht Starkbeben

10 Jahre nach dem schweren Tohoku-oki-Erdbeben in Japan geht ein internationales Forscher*Innen-Team der Ursache für das Beben auf den Grund. Denn viele Prozesse hinter diesem seltenen Starkbeben sind bis heute nicht geklärt. Im Rahmen des Internationalen Ozeanbohrprogramms (IODP) werden Tiefsee-Sedimente im Japan-Graben entnommen. Das Forschungsschiff Kaimei stach am 13. April 2021 in See. Geleitet wird die Expedition von Prof. Michael Strasser vom Institut für Geologie der Uni Innsbruck und von Prof. Ken Ikehara vom Geologischen Dienst (AIST) in Japan.

Das Starkbeben verursachte eine Dreifachkatastrophe

Vor 10 Jahren, am 11. März 2011, wurde Japan unerwartet von einem der schwersten Erdbeben erschüttert, das jemals gemessen wurde und das eine Dreifachkatastrophe zur Folge hatte. Das Tohoku-oki-Erdbeben hatte auf der Momenten-Magnituden-Skala (Mw) – einer Angabe für die Stärke von Erdbeben – einen Wert von 9,0. Es löste einen Tsunami mit enormer Zerstörungskraft aus, und verursachte eine Nuklearkatastrophe im Atomkraftwerk Fukushima-Daiichi. Da Japan am Pazifischen Feuerring, einem tektonisch hochaktiven Gebiet, liegt, sind kleinere Erdbeben keine Seltenheit.

Auf den Spuren von Starkbeben im Feuerring

„Um die Ursachen und die Frequenz von Starkbeben besser verstehen zu können, werden wir Bohrkerne aus der Tiefsee als eine Art prähistorischen Seismographen nutzen. In den Sedimentabfolgen aus der Tiefsee können wir Deformationsstrukturen finden, die durch vergangene Starkerdbeben ausgelöst wurden und ihre Intensität und Häufigkeit bis weit in die Vergangenheit rekonstruieren“. – Univ.-Prof. Michael Strasser, Geologe an der Universität Innsbruck

Genau ein solcher Blick in die geologische Vergangenheit ist nun das Ziel der Expedition 386 „Japan Trench Paleoseismology“ des Ozeanbohrprogramms International Ocean Discovery Program (IODP). Ein Team von Wissenschafter*Innen wird dazu am 13. April 2021 an Bord des Forschungsschiffs Kaimei den Hafen der Stadt Yokusuka in Richtung Japan-Graben verlassen.

Internationale Tiefsee-Expedition in Japan erforscht Starkbeben

Logo der Expedition 386 „Japan Trench Paleoseismology“ des International Ocean Discovery Program (IODP).

35 Wissenschafter*Innen verschiedener geowissenschaftlicher Disziplinen aus Österreich, Deutschland, Australien, China, England, Finnland, Frankreich, Indien, Japan, Korea, Schweden und den Vereinigten Staaten nehmen an IODP-Expedition 386 „Japan Trench Paleoseismology“ teil. Die wissenschaftliche Leitung der Expedition, momentan vom “Homeoffice” aus, übernimmt Michael Strasser an der Uni Innsbruck. Prof. Ken Ikehara vom National Institute of Advanced Industrial Science and Technology (AIST) in Japan ist an Bord des Schiffs.

Forschung 8 Kilometer unter der Meeresoberfläche

Der Großteil aller Erd- und Seebeben ereignet sich entlang des pazifischen Feuerrings. Ursachlich hierfür sind so genannten Subduktionszonen, wo sich ozeanische Erdkrustenteile verbiegen und sich unter Erdplatten hineinbewegen. In Folge dieser Plattentektonik-Bewegung baut sich über einen längeren Zeitraum Spannung auf. Diese Spannung wird dann während Subduktionszonen- oder Megathrust-Erdbeben plötzlich freigesetzt.

Solche Seebeben und damit verbundene Tsunamis – wie zum Beispiel das Sumatra-Erdbeben (2004) und das bereits genannte Tohoku-oki-Erdbeben (2011) – sind große Naturgefahren mit potenziell katastrophalen Auswirkungen für Menschen und Infrastruktur.

„Da die tektonischen Erdplatten ständig in Bewegung sind, werden sich solche riesigen Erdbeben erneut ereignen. Die instrumentellen und historischen Aufzeichnungen reichen jedoch nicht aus, um Unsicherheiten bei der Erdbebengefahrenbewertung entlang von Subduktionsplatten-Grenzen zu verringern“. – Michael Strasser, Geologe an der Universität Innsbruck

Im Rahmen der IODP-Expedition werden nun Sedimentablagerungen in bis zu acht Kilometer tiefen Becken am Grund des Japan-Grabens untersucht. Diese Becken wurden durch die Abwärtsbiegung der ozeanischen Pazifik-Erdplatte entlang der Subduktionszone des Japan-Grabens gebildet und gelten als ideale Orte zur Erforschung vergangener Erdbeben.

„Diese Ozeansedimentbecken zählen zu den tiefsten und am wenigsten erforschten Orten der Erde. Sie stellen Auffangbecken für die durch Erdbeben umgelagerten Sedimentmassen dar und bieten so hervorragende und kontinuierliche Archive vergangener Erdbebenereignisse. Wir sehen dieses Sedimentarchiv sozusagen als einen Unterwasserseismographen, der vergangene Erdbeben seit mehreren zehntausend Jahren kontinuierlich aufgezeichnet hat.“ – Michael Strasser, Geologe an der Universität Innsbruck

100.000 Jahre in die Vergangenheit

Um die Informationen aus dem Sediment zu entschlüsseln, kommt auf dieser Expedition erstmalig ein so genanntes Riesenkolbenlot-Sedimentkerngerät zum Einsatz, das vom Forschungsschiff Kaimei eingesetzt wird. Ziel ist es, Sedimentproben zu gewinnen, die die letzten 50.000 bis 100.000 Jahre abdecken.

„Dadurch können wir die zeitliche und räumliche Verteilung vergangener Erdbeben entlang der gesamten Japan-Graben-Subduktionszone dokumentieren und die Erdbebenaktivität der verschiedenen Plattensegmente erforschen, die entlang der Japan-Graben-Plattengrenze in unterschiedlich großen Erdbeben einzeln beziehungsweise gleichzeitig brechen können. Diese Vorgehensweise wird eine bisher beispiellose Langzeitbeobachtung zu Tage fördern, um Erdbeben-Wiederholungsmuster – zyklisch vs. Cluster vs. zufällig – für eine zuverlässige Gefährdungsbeurteilung zu charakterisieren und um neue Erkenntnisse darüber zu gewinnen, weshalb sich einige Megathrust-Erdbeben zu gigantischen Erdbeben ausbreiten, während andere dies nicht tun“, sagt Prof. Ken Ikehara vom AIST (National Institute of Advanced Industrial Science and Technology) in Japan.

Forschungsschiffe Kaimei und Chikyu

Nach der Offshore-Phase in diesem Frühjahr wird sich das gesamte wissenschaftliche Team zum ersten Mal im Herbst an Bord des wissenschaftlichen Tiefsee-Bohrschiffs Chikyu treffen. Die Laborinfrastrukturdieses am Hafen liegenden Schiffs wird dann für die Untersuchung der gewonnen Sedimentbohrkerne genutzt werden. Die kuratierten Bohrkerne werden der internationalen Forschungscommunity für weitere Untersuchungen zur Verfügung gestellt.
Die Expedition wird vom European Consortium for Ocean Research Drilling (ECORD) in Zusammenarbeit mit dem Institute for Marine-Earth Exploration and Engineering (MarE3) / Japan Agency for Marine-Earth Science and Technology (JAMSTEC) im Rahmen des International Ocean Discovery Program (IODP) durchgeführt. Das IODP ist ein internationales Meeresforschungsprogramm, das derzeit 23 Länder umfasst. Die Trägerorganisation der österreichischen Mitgliedschaft bei ECORD bzw. IODP ist die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW).

Expeditionsblog mit täglichen Berichten und Bildern: https://expedition386.wordpress.com

Weitere Links:

Internationale Tiefsee-Expedition in Japan erforscht StarkbebenWissenschaftlicher Kontakt:
Univ.-Prof. Michael Strasser
Leiter der Arbeitsgruppe Sedimentgeologie
Institut für Geologie
Universität Innsbruck
E-Mail: This email address is being protected from spambots. You need JavaScript enabled to view it.

(LB)
Quelle: Universität Innsbruck
Foto: © Forschungsschiff Kaimei / JAMSTEC
Foto: © Logo der Expedition / IODP/ECORD
Foto: © Prof. Michael Strasser / Axel Springer

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