Konsequenzen für das Ökosystem: freie Radikale durch Landschaftsbrände

Monday, 29 March 2021 00:22

life-science Karriere Services, Foto: © Stefan DoerrForscher*Innen der Universität Wien ging der beständigen Gefahr von Landschaftsbränden nach und untersuchte verbrannte Pflanzen auf schädliche freie Radikale.

Jedes Jahr verbrennen weltweit schätzungsweise vier Prozent der Landoberfläche. Zurück bleiben mehr als 250 Megatonnen verkohlter Pflanzen. Die Forscher*Innen um Gabriel Sigmund und Thilo Hofmann haben Kohleproben aus den Rückständen von Wald-, Gras- und Buschbränden in unterschiedlichen klimatischen Zonen analysiert. Diese Studie der Universität Wien hat in diesen Kohlen nun erstmals erhöhte Konzentrationen umweltbeständiger freier Radikale nachgewiesen – und das teilweise noch fünf Jahre nach dem Brand. Diese können reaktive Substanzen generieren, welche wiederum Pflanzen und Lebewesen schaden.

Reaktive Sauerstoffspezies verursachen oxidativen Stress auf Zellebene. Bisherige Forschung zeigt, dass sie auf diese Weise beispielsweise die Keimfähigkeit von Pflanzen hemmen, Zellgifte produzieren oder toxisch auf wirbellose Wasserbewohner wirken. Umweltbeständige freie Radikale sind potenzielle Vorläufer reaktiver Sauerstoffspezies, da sie mit Wasser zu diesen Sauerstoffradikalen reagieren können.

 „Daher bringt man umweltbeständige freie Radikale mit schädlichen Effekten für das Ökosystem und die menschliche Gesundheit in Verbindung“. – Gabriel Sigmund, Studienleiter und Umweltgeowissenschafter an der Universität Wien

Die unerwartete Umweltbeständigkeit von freien Radikalen

 

„Unsere Studie zeigt, dass eben diese umweltbeständigen freien Radikale in großen Mengen und langfristig in Brandkohlen gefunden werden können“. – Gabriel Sigmund, Studienleiter und Umweltgeowissenschafter an der Universität Wien

In allen 60 Kohleproben aus zehn unterschiedlichen Bränden haben die Forscher*Innen umweltbeständige freie Radikale in einer Konzentration nachgewiesen, die jene, die üblicherweise in Böden vorkommt, um das Zehn- bis Tausendfache übersteigt. Anders als erwartet blieb diese Konzentration über mindestens fünf Jahre stabil. Dies ergab eine Analyse von Kohleproben, die über mehrere Jahre hinweg nach einem Waldbrand am gleichen Ort gesammelt wurden.

„Je beständiger die umweltpersistenten freien Radikale sind, desto wahrscheinlich ist es, dass sie über längere Zeiträume einen Einfluss auf Ökosysteme haben“. – Thilo Hofmann, Co-Autor der Studie und Leiter der Arbeitsgruppe

Proben von Gras-, Wald- und Buschbränden in unterschiedlichen Klimazonen

Die Forscher*Innen sammelten Proben von Brandkohlen unterschiedlich intensiver Feuer in borealen, gemäßigten, subtropischen und tropischen Klimazonen. Sie berücksichtigten Wald-, Busch- und Grasbrände und damit auch unterschiedliche Ausgangsmaterialien (Hölzer und Gräser) der Kohle.

Das Ausgangsmaterial und die Feuerbedingungenbedingen den Verkohlungsgradund beeinflussen damit mittelbar, in welchem Ausmaß umweltbeständige freie Radikale entstehen und wie beständig sie sind. Hierbei begünstigen holzige Brennstoffe die höhere Konzentrationen. Für diese konnten die Forscher*Innen zudem die mehrjährige Stabilität umweltbeständiger freier Radikale nachweisen.

„Gerade Waldbrandholzkohlen sind unserer Vermutung nach eine global sehr bedeutsame Quelle für umweltpersistente freie Radikale und damit potenziell auch für schädliche reaktive Sauerstoffspezies“. – Thilo Hofmann, Co-Autor der Studie und Leiter der Arbeitsgruppe

Der zukünftige Blick der Forscher*Innen richtet sich nun auch auf die Folgen, die das für die Umwelt hat. „Inwieweit ist das ein Stressfaktor für Mikroorganismen nach einem Waldbrand? Wie wird ein Ökosystem davon beeinflusst? Die Studie ist ein Anstoß für weitere Untersuchungen“, berichtet Sigmund.

Internationale Zusammenarbeit über Disziplinen hinweg

„Dass wir so differenzierte Aussagen treffen können, ist der Zusammenarbeit mit Kolleg*Innen der Swansea University in Großbritannien zu verdanken“, erklärt Sigmund. Die Expert*Innen für Landschaftsbrände erforschen global, welche Auswirkungen Feuer auf Umweltprozesse wie den Kohlenstoffkreislauf und Erosion haben. Weltweit haben sie Proben von Brandkohlen zusammengetragen und zusammen mit Informationen zu Zeitpunkt, Dauer und Intensität der Brände zur Analyse nach Wien geschickt. Die Forscher*Innen des CMESS analysierten die Proben in Zusammenarbeit mit Marc Pignitter von der Fakultät für Chemie mittels Elektronenspinresonanzspektroskopie (ESR-Spektroskopie). Die ESR-Spektroskopie ermöglichte es, die umweltbeständigen freien Radikale im untersuchten Material zu quantifizieren und die benachbarten chemischen Strukturen zu erfassen.

 

Publikation in Communications Earth & Environment:
G. Sigmund, C. Santín, M. Pignitter, N. Tepe, S. H. Doerr, T. Hofmann, Environmentally persistent free radicals are ubiquitous in wildfire charcoals and remain stable for years. Communications Earth & Environment 2, 68 (2021). DOI: 10.1038/s43247-021-00138-2

Die während der vorliegenden Studie generierten Datensätze sind verfügbar unter: https://doi.org/10.5281/zenodo.4564056

Wissenschaftlicher Kontakt:
Dr. Gabriel Sigmund
Environmental Geosciences (EDGE)
Zentrum für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaft, Universität Wien
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(LB)
Quelle: Universität Wien
Foto: © Stefan Dörr

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