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Wir sind ab nun regelmäßig im CHEMIE REPORT mit einer ÖGMBT-Kolumne mit den neuesten Entwicklungen aus der österreichischen Life Science Szene vertreten. Wenn Sie einen interessanten Beitrag dazu leisten wollen, richten Sie Ihre Anfrage bitte an die Geschäftsstelle!

 

 

Auf zu neuen Horizonten

on 04 December, 2023

Bei der 15. ÖGMBT-Jahrestagung in Salzburg wurden fünf aufstrebende Talente der Wissenschaft ausgezeichnet. Die Jungforscher beeindruckten mit ihren Forschungen aus dem Bereich der Antibiotika- und Krebsforschung, nachhaltigen Getränkeverpackungen sowie der Ursprünge des Lebens.

Die Life Science Research Awards Austria 2023 der Österreichischen Gesellschaft für Molekulare Biowissenschaften und Biotechnologie (ÖGMBT) gingen an Johanna Gassler, ehemals vom Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA), David Hoi vom Institut für Molekulare Pathologie (IMP) und Klemens Kremser von der Universität für Bodenkultur (BOKU). Die Preisverleihung fand im Rahmen der 15. ÖGMBT-Jahrestagung in Salzburg statt, einem bedeutenden Ereignis in der österreichischen Forschungslandschaft. Während der „Rising Star Lectures“ erhielten die Preisträger die Gelegenheit, ihre Arbeiten einem breiten Fachpublikum vorzustellen. Die Preise, jeweils mit 3.000 Euro dotiert, erhielten großzügige Unterstützung des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft. „Forschung und Entwicklung sind Schlüsselfaktoren für die internationale Wettbewerbsfähigkeit Österreichs. Sie sichern hochwertige Arbeitsplätze. Die Life Science Research Awards Austria fördern junge Wissen-schaftlerinnen und Wissenschaftler – eine Initiative, die wir gerne unterstützen“, so Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher.

Grundlagenforschung: Der Schlüssel zum Leben
Johanna Gassler wurde für ihre Grundlagenforschung am Wiener IMBA ausgezeichnet. Ihre wegweisende Arbeit, veröffentlicht in der Fachzeitschrift Science, widmet sich den ersten Schritten des Lebens in einer befruchteten Eizelle, auch als Zygote bekannt. In diesen initialen Entwicklungsstadien ist die Aktivierung des Genoms der Zygote von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung des Organismus. Ein zentraler Akteur in diesem Prozess ist der Totipotenz-Pionierfaktor Nr5a2. Pionierfaktoren sind Proteine, die die komplexe Organisation von DNA und Proteinen verändern und dadurch anderen Proteinen den Zugriff auf die DNA ermöglichen. Nr5a2 spielt dabei eine zentrale Rolle bei der Aktivierung von Genen, die für die Differenzierung und Spezialisierung von Zellen im Embryo verantwortlich sind. Diese Entdeckung erweitert unser Verständnis dieser frühen Lebensphase und könnte bei allen Wirbeltieren eine Schlüsselrolle spielen.

Innovative Antibiotikaentwicklung durch gezielte Proteinabbaumoleküle
David Hoi erhielt den Life Science Research Award in der Kategorie für anwendungsorientierte Forschung für seine Arbeit am IMP in Wien. Seine Studie präsentiert einen innovativen Ansatz zur Entwicklung neuer Antibiotika: Proteinabbaumoleküle, sogenannte Bacprotacs, die gezielt gegen bakterielle Proteine gerich-tet sind, könnten eine neue Klasse von Antibiotika darstellen. In Zusammenarbeit mit seinen Kollegen zeigte Hoi erfolgreich, dass Bacprotacs zur gezielten Abtötung von Tuberkuloseerregern eingesetzt werden können. Es besteht Hoffnung, dass diese Plattform auch für die Entwicklung neuer Medikamente zur Bekämpfung anderer gefährlicher Infektionskrankheiten genutzt werden kann. Die Studie wurde in der renommierten Fachzeitschrift „Cell“ veröffentlicht.

Recycling von Getränkeverpackungen
Der diesjährige Sonderpreis für herausragende Forschung mit gesellschaftlicher Relevanz wurde an Klemens Kremser von der Wiener BOKU verliehen. In seiner Arbeit widmet er sich umwelt-freundlichen Verfahren zur Wiederverwendung von Bestandteilen von Getränkeverpackungen ohne die Verwendung aggressiver Chemikalien. Durch den Einsatz von Enzymen werden Zellulosefasern entfernt und wird Aluminium mikrobiell aufgelöst, was die Rückgewinnung von reinem Polyethylen ermöglicht. Dieses kann wieder als Verpackungsmaterial verwendet werden. Kremser und sein Team haben somit einen Weg gefunden, den Wiederverwendungsgrad von Verpackungsmaterialien signifikant zu steigern. Die Forschungsarbeit wurde in der Fachzeitschrift Resources, Conservation and Recycling veröffentlicht.

Life Science PhD Award Austria
Zusätzlich wurden auch herausragende Dissertationen mit den Life Science PhD Awards Austria ausgezeichnet. Die von langjährigen Unterstützern der ÖGMBT, THP Medical Products und Polymun Scientific finanzierten Preise gingen an Alexander Hanzl vom Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CeMM) und Matthias Hinterndorfer vom Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie (IMP).

Fortschritte in der zielgerichteten Therapie
Alexander Hanzl untersuchte in seiner Dissertation das Feld des gezielten Proteinabbaus als Therapiemöglichkeit. Dabei werden krankheitserregende Proteine durch zelluläre Mechanismen reduziert. Diese Methode nutzt die sogenannten „small molecule degraders“ oder E3-Ligasen und wird derzeit bei klinischen Tests für Krebs, neurodegenerative und Autoimmunkrankheiten untersucht. Zielgerichtete Therapien bieten nicht nur medizinische Vorteile, sondern reduzieren auch den Bedarf an Medikamenten mit breitem Wirkungsspektrum. Diese vielversprechende Arbeit wurde patentiert und trug zur Gründung eines erfolgreichen Biotech-Startups bei.

Krebsbekämpfung durch CRISPR-Einsatz
Matthias Hinterndorfer konnte in seiner Dissertation bisher schwer zu studierende, aber entscheidende Zellbausteine, die eine zentrale Rolle bei der Entstehung von Krebs und anderen Krankheiten spielen, erfolgreich untersuchen. Durch den Einsatz der ferngesteuerten Genschere CRISPR/Cas gelang es ihm, gezielt menschliche Gene zu inaktivieren, was wiederum die Produktion dieser Zellbausteine blockierte. Zusätzlich entwickelte er eine Methode, um die Genschere zu einem bestimmten Zeitpunkt zu aktivieren, was es ermöglicht, eine zelluläre Reaktion auszulösen, bevor entscheidende Elemente dieser Reaktion durch die Genschere inaktiviert werden. Diese bahnbrechende Entdeckung eröffnet vielversprechende neue therapeutische Ansätze in der Krebsbehandlung. „Diese beeindruckenden Forschungen erweitern nicht nur unser Wissen, sondern bieten auch vielversprechende Lösungsansätze für drängende Herausforderungen in der Medizin und Umwelt. Wir gratulieren den Preisträgern zu ihren herausragenden Leistungen und danken der 20-köpfigen Jury für ihre Bewertungsarbeit“, resümiert ÖGMBT-Geschäftsführerin Alexandra Khassidov. Der nächste Call öffnet Anfang 2024.

www.oegmbt.at/awards/research-award
www.oegmbt.at/awards/phd-award

Published in Chemiereport 07/2023